Mittwoch, 11. Mai 2005

Dein Blog und was er aus dir macht

3. ich finde, dass bloggen einsam macht. klar lernt man hier leute kennen, aber sie sind trotzdem weit weg. und ich konnte beobachten, dass ich - seit ich ein weblog führe - viel weniger mit meinen freunden (die mein weblog nicht kennen) über das rede, was in meinem leben und in mir vorgeht. das bleibt jetzt alles meinem weblog vorbehalten (mit vielen abstrichen natürlich).

(Gefunden hier auch wenn es eigentlich um ganz was anderes ging)

Das ist ein Aspekt, den ich so noch gar nicht bedacht habe und ich weiß auch noch nicht so recht, ob er (für mich) zutrifft.

Tatsache ist, dass Bloggen meine Sicht auf die Welt und meine Gedanken, die ich mir darüber mache ein bisschen verändert. Man wird introspektiver (falls dieses Wort in dieser Form exisitieren und das ausdrücken sollte, was ich meine), achtet mehr darauf, was in einem vorgeht, wie man auf manche Dinge reagiert und wie man es in Worte fassen könnte. Ich habe das Gefühl, dass manche Gedanken, die ich hier niederschreibe ohne diesen Blog gar nicht entstanden wären. Oder sie wären nur so kurz aufgeblitzt und da ich keine Verwendung für sie gehabt hätte schnell in Vergessenheit geraten und es wäre beinahe genau so gewesen, als hätten sie nie existiert.

Manchmal ist es in der Tat so, dass ich etwas hier (oder in meinem "privaten" Blog) niederschreibe, das ich sonst jemanden geschrieben oder erzählt hätte. Aber das liegt eher daran, dass ich manche Leute nahezu als Einwegblog missbrauche, ihnen mitten in der Nachts lange Mails schreibe in denen ich ihnen mein Herz ausschütte und auf die ich auch gar keine Antwort erwarte. Und da das nicht immer geht, blogge ich eben.
Andererseits lernt man durch das Bloggen, seine Gedanken und Gefühle in konkrete Worte zu fassen und das spiegelt sich meiner Meinung nach schon auch im Gespräch mit Freunden wider, jedoch auf positive Art und Weise.

Aber nichts ist gänzlich Schwarz oder Weiß. Vielleicht macht Bloggen einsam, ziemlich sicher hält es mich zumindest vom Arbeiten ab. Allerdings: würde ich jetzt gerade nicht Bloggen, würde ich mir vielleicht eine andere Ausrede suchen (ich habe dafür seit etlichen Monaten meinen Fernseher kaum mehr angerührt und da ist mir so ein kreativer, mit sich selbst auseiandersetzender Prozess schon deutlich lieber).


Doch irgendwie eigenartig und nett zugleich ist das Bloggen schon. Da sitz ich hier und wünsch der netten buchstabensuppenkinky alles gute und sie weiß es noch nicht einmal. Und wenn sie es wüsste, dann wüsste sie auch nur, dass irgendwo eine ihr völlig fremde Person sitzt, die ihre Texte liest und ihr deswegen alles Gute wünscht. Und ich weiß nicht, ob dort nicht in der Tat ein gelangweilter 67jähriger Pensionist sitzt, der sich das alles nur ausdenkt und große Freude dran hat. Aber das ist für mich ja auch egal, denn solange ich es nicht besser weiß, haben diese Texte für mich Realität. So, das war jetzt nicht mehr wirklich das Thema, aber hat ja mit dem Link zu tun mit dem alles anfing, lassen wir es also gelten.

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morast - 11. Mai, 22:23

Ich finde nicht, daß Bloggen "einsam" macht. Nicht direkt. Schließlich sehe ich das Bloggen als Ergänzung, nicht als Ersatz.

Mein Problem, das ich habe, ist, daß ich zuweilen mit Freunden reden möchte, die mein Blog kennen. Und dabei fällt mir auf, daß ich alles schon niederschrieb, was zu sagen gewesen wäre. Ihre Reaktion fällt dementsprechend aus - sie lasen meine Worte, gaben aber keine Kommentare und enthielten sich auch nun einer Meinung.

Durch das Bloggen sehe ich mehr, bzw sehe bewußter. Vielleicht liegt es auch nur daran, daß ich niederschreibe, was ich sehe, was ich dazu denke. Doch das Erlebte wird intensiviert.
Leider mißlingt es, diese Erfahrung zu teilen; denn selbst wenn jemand anderes sie nachvollzieht, muß er das doch mittels der Kommentare ausdrücken, was dem Funkeln eine Menge Glitter raubt.

Demnach würde ich Weblogs auch nciht asl Community bezeichen. Man lernt nicht wirklich andere Menschen kennen; man glaubt sie zu kennen, weil sie intimste Dinge preisgeben, doch erfährt in Wirklichkeit nichts.

Demnach besteht die Gefahr der Vereinsamung, wenn man versucht, durch sein Weblog Bekanntschaften zu finden und nur auf Reaktionen wartet, auf Gleichgesinnte.

Doch würde ich niemals so weit gehen zu bestätigen, daß das wirkliche Freundesleben dadurch angetastet wird. Schließlich zeichnen sich Freundschaften dadurch aus, daß man sie über alles stellt - und daß sie erhalten bleiben, wenn einmal beiderseitige Stille herrscht.

Ein paar meiner Freunde kennen mein Weblog, wissen zu schätzen, was ich bin und tue, freuen sich teilweise über jedes neue Wort. Der Rest weiß nichts davon, braucht auch nicht unbedingt davon zu wissen, würde vielleicht nicht nachvollziehen können, warum ich so viele Worte in das Internet werfe.

Doch habe ich nicht das Gefühl, eien der beiden Gruppen vernachlässigt zu haben - im Gegenteil, sie geben mir neue Gedanken, neue Bilder, neue Wörter, deren Niederschrift sich lohnt.

Die Frage ist, ob nicht die Gefahr besteht, daß sich das eigene Leben zu sehr auf das Weblog [Ich hasse es noch immer, Blog/Weblog als neutrum zu betrachten] ausrichtet, daß jede Handlung mit der Hinterkopffrage ausgeführt wird, ob sie es wert ist, erwähnt zu werden.

Auch mich hält das Bloggen vom Arbeiten ab. Doch auf angenehme Weise; schließlich befriedigt es irgendwie, gibt mir das Gefühl, etwas Kreatives vollbracht zu haben. Und mich befriedigt, Einzelheiten des Dasein aufgreifen, verwerten und dadurch eventuell hinterfragen oder gar begreifen zu können.

Ich sehe das Bloggen nicht als Quelle der Einsamkeit. Das Leben gibt es trotzdem; und wenn es das nicht gäbe, gäbe es nichts zu Bloggen...

spurlos - 11. Mai, 22:43

mehr kontakte

gerne sitze ich alleine in einer kneipe und schaue zu. und höre mir gespräche an. da es hier keinen kommentarknopf gibt, halte ich es grundsätzlich für unhöflich, das gehörte zu kommentieren. bleibe also einsam in der situation. beim bloggen ist die einladung da, unaufdringlich. bisweilen nehme ich sie an.
und vermute seitdem einfach auch im real life mehr einladungen als zuvor. zu recht. wie ich lerne, muss man gar nicht immer gleich etwas exorbitant intelligentes oder gar witziges beitragen. habe also seitdem mehr kontakte und mehr bekannte, die freunde werden könnten. und es kommt ja auch wesentlich öfter vor, dass man was kommentarlos bloggt als dass eine konkrete ansprache nicht erwidert wird. das bloggen härtet also irgendwie auch ab, relativiert die vermutete wichtigkeit der einfälle. oder anders: es lässt sie stehen, als meine ganz eigenen trotzdem geäusserten zumutungen.
der grund fürs beginnen war auch bei mir eine nicht länger tragbare unilaterale flut versendeter nachtgedanken. anderswo.

Zero-Tonin - 11. Mai, 23:30

Ich bin geniegt Dir in vielen Punkten zuzustimmen. Für mich kann ich jedenfalls ganz klar sagen, dass zumindest der zitierte Abschnitt nicht zutrifft. Was ich an Persönlichem blogge, habe ich entweder schon mit Freunden zumindest angerissen oder würde es ohnehin nie mit meinen Freunden besprechen. Das bloggen hilft mir zu fokussieren, etwas Ordnung in das Gefühlschaos zu bringen, meine sonst so flüchtigen Gedanken für mich zu bewahren. Das wäre mir im Gespräch in der Form nicht möglich und hat wiederum andererseits positive Auswirlungen auf mein Kommunikationsverhalten, denke ich. Andere Blogs zu lesen, gibt mir neue Denkanstöße und oft das beruhigende Gefühl, nicht verkorkster als der Rest der Welt zu sein.

Gut auch bei mir geht einiges an bezahlter Arbeitszeit drauf, füllt aber nur die Zeit, die ich vor kurzem noch mit einem Online-Game und vorher in einem großen Forum verbracht habe.

Obwohl ich zur Zeit (zu)-viel Zeit lesend und schreibend verbringe, ist doch m.E. die Community-Komponente beim Bloggen insgesamt relativ gering (Ausnahmen mögen einige "große Blogs" sein) und damit auch die Gefahr dauerhaft einer Blog-Sucht zu verfallen und allein deshalb zu vereinsamen. Im Gegenteil ist es eine interessante Erfahrung am Leben Anderer auf eine zwar bruchstückhafte und möglicherweise irreführende, aber doch manchmal sehr intime Art teilzuhaben. Das erweitert den Horizont und hat für mich nochmal eine andere, tiefergehende Qualität als z.B. chatten.

Lange Rede, kurzer Sinn: Nein.

assoziativspeicherin - 12. Mai, 10:39

puh, so viel gedanken und so viel denen ich nur zustimmen kann. Bloggen macht vielleicht dann einsam, wenn man Wert auf den Communitygedanken legt und den Gedankenaustausch hier so viel Gewicht zumisst wie dem Gespräch mit Freunden. Ich freue mich zwar über jedes Kommentar das hier eintrudelt und manchmal hinterlasse ich meine Spuren auch anderswo (nur eben sehr selten, aber ich möchte gar nicht wissen, wo das enden würde wenn ich das mit mehr Regelmäßigkeit betreiben würde). Doch wenn hier bei 9 von 10 Einträgen kein Kommentar stünde wäre mir das auch recht, Hauptsache meine Gedanken sind in die Welt hinausgeschrieben und dort für alle Ewigkeit oder bis zum nächsten Datenbankcrash gespeichert.

P.S.: "unilaterale Nachtgedanken" - sehr hübsch, kommt in meine Wortschatztruhe.

Nachtrag: der horizonterweiternde Aspekt von Blogs ist etwas, das auch ich sehr zu schätzen weiß. In meinem normalen Leben führe ich tiefere Gespräche meist nur mit Frauen und die sind zusätzlich auch noch in etwa in meinem Alter und ähnlichen Lebenssituationen (natürlich nicht ausschließlich, aber hauptsächlich). Die Gelegenheit, private Gedanken beispielsweise eines 40järigen männlichen Mitmenschens zu erfahren bietet sich mir kaum und so erfahre ich hier viel Neues (Kommentar abgebrochen weil ich bemerke wie spä tes schon ist.. MIST!)

ama - 12. Mai, 10:55

Zum Nachdenken gebracht

Resultat: Ich kann für mich persönlich keinen besonderen Zusammenhang zwischen dem Bloggen und Einsamkeit entdecken. Zu bloggen, Briefe, Mails, Tagebuch und Zeitungsartikel zu schreiben verändern meine bestehenden Beziehungen nicht (abgesehen vom direkten Kontakt zu dem, dem ich schreibe). Das Schreiben hat allerdings generell die Wirkung, dass ich mich im Austausch zu manchen Themen tiefer einlassen kann, da ich beim Schreiben schon die eine oder andere Erkenntnis gewonnen habe, also besser reflektiert bin.
miss_kinky - 12. Mai, 21:31

Und ich weiß nicht, ob dort nicht in der Tat ein gelangweilter 67jähriger Pensionist sitzt, der sich das alles nur ausdenkt und große Freude dran hat.

Tihihi :)
Das hat mir jetzt durchaus den Abend versüßt, auch wenn es eigentlich um ganz was anderes ging.

Vielen Dank für die lieben Wünsche, ich kann sie momentan nicht nur gut gebrauchen, sondern weiß sie auch zu schätzen!

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